Der Engel der Erleuchtung

geschrieben von Steven Black:

Meister Anton Ananda lag im Sterben. Und er freute sich darauf. Anton war nie besonders krank und seine Mitmenschen beneideten ihn um seine robuste Gesundheit. Er galt bei vielen als weise und wurde oft wegen Ratschlägen aufgesucht. Er lebte ein langes Leben, in dessen Verlauf er unglaublich dumme und bizarre Bewegungen der menschlichen Spezies miterlebt hatte. Mit 50 erfuhr er Erleuchtung und den Wegfall seines Ichs. Doch er fand es ziemlich hart, inmitten dieser Scheinrealität zu verbleiben, nachdem ihm die illusionäre Natur dieser menschlichen Realität bewusst geworden war.

Tatsächlich freute sich Anton Ananda aufs Sterben. Er sehnte sich nach dem Ende dieses sinnlosen Spiels. Und nun war es endlich soweit. Ein letztes Mal atmete er aus und dann verließ er bewusst seinen menschlichen Körper.

Meister Anton erwartete einen Tunnel aus hellem weißem Licht, stattdessen sah er sich von einem tiefen, alles durchdringenden Schwarz mit goldenen Funken umgeben. Tiefe Dunkelheit, die jedoch keine Energie von Bedrohung enthielt. Vielmehr eine wohlige Sattheit, eine Vollkommenheit, jenseits irgendwelcher Begriffe. Er fühlte sich von dieser Dunkelheit willkommen geheißen und darin geborgen. Plötzlich erschien ein helles Licht, welches gemeinsam mit der Dunkelheit eine konzentrische Spirale bildete und Meister Anton zu sich zog.

Als er am Ende dieser Spirale herauskam, empfing ihn eine schöne, idyllische Landschaft. Und alle Vorwärtsbewegung stoppte. Nur eine große, schöne Grünfläche mit einem sehr friedlich wirkenden kleinen See und einer kleinen Sitzbank. Und zu Meister Antons Überraschung, auf dieser Sitzbank saß jemand, der ihn zu erwarten schien. Sein Aussehen war eine Mischung zwischen männlich und weiblich, wobei das feminine ein wenig überwog. Es hatte eine sehr friedliche Ausstrahlung, als scharfen Kontrast trug es ein T-Shirt mit einem grinsenden Mickey Maus Aufdruck und dem Schriftzug darunter: “Das hättest du jetzt nicht erwartet, oder?”

Der Überraschung folgte Irritation. Für Meister Anton Ananda fühlte sich das alles total falsch an. Warum sah er dieses Wesen? War dies vielleicht ein dämonisches Astralwesen, das versuchte ihn auszutricksen? Nichts war hier so, wie er es eigentlich erwartet hätte.

Und dann sprach es auch noch: “Hi Anton, willkommen zurück. Komm, setz dich zu mir. Wir haben einiges zu bereden.” 

MA: “Ich wüsste nicht, was ich hier zu besprechen hätte. Und wer bist du überhaupt?”

EE: “Glaub mir, du wirst bald verstehen, Anton. Und für dein besseres Verständnis – ich bin der Engel der Erleuchtung.

Meister Anton Ananda brach in schallendes Gelächter aus. “Engel der Erleuchtung” – haltest du mich für so dumm, Dämon, dass ich an Engel glauben würde? Da hast du dir den Falschen ausgesucht!”

Der Engel der Erleuchtung war amüsiert und zog eine seiner Augenbrauchen hoch:

“Verstehe ich dich jetzt richtig? Du glaubst nicht an Engel, aber an Dämonen schon?”

MA: “Es scheint die einzig logische Erklärung zu sein. Vielleicht eine Art Prüfung für meinen Mind und es ist natürlich eine Illusion. Warum sonst werde ich an meinem weitergehen gehindert und bin zu dieser Wahrnehmung gezwungen?”

Der Engel der Erleuchtung seufzte:

“Anton, Anton, Anton. Du hast dich wirklich nicht sehr verändert. Jedes Mal die gleiche Leier. Ich hab Verständnis dafür, dass du dich jetzt noch nicht daran erinnern kannst, aber sei versichert, dass wir die Art von Gespräch bereits mehrere Male hatten. Du hast nun bereits 4 x hintereinander Erleuchtung erfahren, in deiner menschlichen Existenz und ein ums andere Mal, hast du eine bestimmte Ideologie darum herum gebaut und dich darin verfangen. Es hat uns beide viel Zeit und Energie gekostet, um bestimmte Perspektiven wieder geradezurücken, wenn du zurückgekommen bist. Das ist jetzt deine 5. Rückkehr und ich bin zum fünften Mal dein “Empfangskomitee”, dein Freund und Berater. Diesmal habe ich nicht vor, die alten Stadien zu wiederholen. Das ermüdet mich, und daher werden wir heute direkt zum Kern der Angelegenheit kommen.”

MA: “Ich habe nicht vor, mit einer Illusion irgendwelche Angelegenheiten zu diskutieren. Ich werde einfach meine Reise in die Stille des Brahman fortsetzen und mich wieder damit verbinden.” 

EE: “Das ist alles? Gut, dann will ich dich nicht länger aufhalten – gute Reise, Anton.” Dabei grinste der Engel erwartungsvoll und winkte mit einer Hand.     

Meister Anton Ananda fühlte sich dadurch etwas aus der Bahn geworfen. Bildete er sich das jetzt ein oder hatte die Mickey Maus auf dem T-Shirt gezwinkert? Er hatte irgendein trickreiches Argument erwartet, aber dass ihm dieses seltsame Wesen nun einfach gute Reise wünschte und ihn scheinbar auch noch auslachte, war irgendwie schlimmer als jedes dumme Scheinargument. Ihm dämmerte, dass es wirklich das Beste sei, all das einfach zu ignorieren und so beschwor er die Energie des göttlichen Brahman, mit dem er sich wieder zu verbinden wünschte und versuchte sich dorthin zu projizieren.

Aber es funktionierte nicht. Überhaupt nicht. Anstatt es ihn fortzog von diesem seltsamen Ort der Illusion, schien die idyllische Grasfläche, die Bank und dieser angebliche Engel immer präsenter zu werden. Was auch immer er versuchte, die Szene verschwand einfach nicht aus seiner Wahrnehmung.

Der Engel der Erleuchtung betrachtete die immer schneller wechselnden Frequenzen von Antons Energiefeld und als er erkannte, dass Anton nahe dem Panikmodus geriet, erbarmte er sich und nickte verständnisvoll:

EE: ”Es geht nicht weg, Anton. Egal, was du versuchst. Du kannst die Realität dessen was ist, nicht einfach verschwinden lassen. Du bist hier im “Raum der Klärung”, der letztendlich niemandem mehr dient, als dir selbst. Dieser Raum ermöglicht dir die Klärung und Reflektion deiner menschlichen Erfahrung und diese Erfahrung in einen größeren Kontext zu setzen. Du bist zwar körperlich gestorben, aber viele deiner Überzeugungen, die du in diesem Leben entwickelt hast – oder sagen wir besser, erneut entwickelt hast, bedürfen einer Betrachtung. Und du kannst diesen Raum nicht verlassen, bis du diesen Prozess abgeschlossen hast. Es gibt hier eine Frequenzbarriere, welche dich am weitergehen hindert und nichts durchlässt, was nicht im Einklang mit der Frequenz ist.“

Da Meister Anton darauf keine wirkliche Entgegnung parat hatte, versuchte er es nun auf die pragmatische Weise. Er glaubte nach wie vor, kein Wort was er hörte. Aber er war bereit, sich rein hypothetisch damit auseinanderzusetzen. Unter anderem, weil er sich ziemlich sicher war, dass er jedes Argument im Nu zerpflücken konnte. 

MA: “Wozu soll das gut sein? All das ist lediglich eine Projektion. Mensch sein ist keine wirkliche Realität, sondern eine Illusion – nichts anderes als ein böser Traum. Die einzige Realität ist die Stille des göttlichen Brahman, das reine, pure und ewige Bewusstsein – welches ich in Wahrheit bin. Mensch sein beruht hauptsächlich auf Konditionierung und auf der Identifikation damit. Und um dem die Krone aufzusetzen, eine Identifikation mit einer illusionären, nicht real existierenden Identität. Welchen Nutzen sollte es haben, über eine Illusion zu reflektieren – außer vielleicht, Klarheit darüber zu gewinnen, dass es eine Illusion ist? Was dann zur Erkenntnis führt, dass es niemals wirklich eine solche Person gegeben hat und sie lediglich in der Vorstellung des eigenen Verstandes existierte. Es macht keinen Sinn über das sterbliche Ego zu reflektieren oder zu diskutieren, wenn ich doch in Wahrheit ein unsterbliches, göttliches Selbst bin.”

EE: “Bitte, erspare mir dieses Identifikations-Bullshit-Bingo!   

Wie du bald feststellen wirst, macht das sehr viel Sinn. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis deine Erinnerungen wieder einsetzen und du dir bewusst werden wirst, wie oft du bisher, genau diese Art von fruchtlosen Diskussionen mit mir geführt hast. Aber weil ich selbst weiß, wie schwierig dieser Prozess ist, habe ich dafür Verständnis. Doch meine Geduld hat Grenzen. Um daher den Prozess zu beschleunigen, werden wir gleich diese Überzeugungen adressieren, die du gerade von dir gegeben hast.

“Schau jetzt ganz genau hin, Anton.” sagte der Engel der Erleuchtung und machte eine wischende Bewegung mit seiner linken Hand. Daraufhin verblasste der idyllische See und beide wurden in Dunkelheit gehüllt. Die Dunkelheit wurde als eine Art Projektionsleinwand genutzt, worauf ein Film zu sehen war. Als Meister Anton erkannte, dass dieser Film Stationen seiner menschlichen Erfahrungen zeigte, fühlte er sich ein wenig unwohl.  

Szenen seiner menschlichen Geburt und die ersten sorgenfreien Jahre in einem liebenden Elternhaus. Der tödliche Autounfall, als sein Vater die Herrschaft über das Lenkrad verlor, wo sie über den Straßenrand rutschten und in einen Graben stürzten.  Seine Mutter starb, aber sein Vater und er überlebten knapp. Erneut durchlebte Anton die bangen, einsamen Stunden, in denen er im Auto eingeklemmt war. Wach, alleine und hilflos darauf wartend, bis sein Vater wieder zu Bewusstsein kam und ihn befreien würde. Die Ohnmacht, als er realisierte, dass sein Vater zwar wach, aber viel zu verletzt und schwach war, irgendetwas anderes zu tun als nur darauf warten zu können, dass irgendjemand sie entdeckte. Als Folge dieses Unfalles veränderte sich sein Vater auf eine Weise, wie er es nicht für möglich gehalten hätte. Es machte aus einem gütigen, freundlichen Mann, der seine Frau und Kind abgöttisch liebte zu einem verbitterten Menschen. Es kamen Szenen, wo der Vater zu einem lieblosen, sich selbst und das Leben hassenden Monster wurde. Der Moment wurde gezeigt, als sein Vater sich erhängte und Anton ihn am frühen Morgen, an der Decke baumelnd fand.

Es folgten Momentaufnahmen, die ihn im Waisenhaus zeigten, weil niemand aus der Verwandtschaft sich um ihn kümmern wollte. Das Spießruten laufen zwischen bösartigen Kindern, die ihn wegen seiner Sensibilität hänselten und sadistischen Lehrern, die körperliche Züchtigung normal fanden. Es folgten viele Stationen seiner Jugend, die seine Verlorenheit in dieser Welt zeigten. Wo er beobachtete, wie andere ihren Sinn im Leben fanden, nahm er in sich nur einen eklatanten Mangel an Bestimmung und Zweck wahr. Wo andere eine aktive, bestimmte Identität ausdrückten, fand Anton bei sich … Nichts. Keine Richtung, außer einem ständig nagendem Gefühl der Taubheit und Impotenz.

Dann wurde der Moment gezeigt, als Anton die Spiritualität entdeckte. Er verschlang regelrecht sämtliche zur Verfügung stehende Literatur dazu, was ihm endlich ermöglichte, die Erlebnisse seines Lebens in einen Kontext zu bringen, der Sinn machte. Seine persönliche Bibel wurde das Buch – “Wie du alle deine Probleme los wirst und deine göttliche Natur leben kannst”. 

Es war ein Buch mit 2000 Seiten, worin die wichtigsten Aussagen der bekanntesten Erleuchteten enthalten waren. Darin wurde detailliert alles erklärt, was mit Existenz, Wahrnehmung, kosmischen Gesetzen zusammenhing und wie das Bewusstsein funktionierte. Dieses Buch lehrte Anton, dass all seine Gefühle und seine kreisenden Gedanken auf der Basis von Identifikation mit Umständen beruhte. Man erlebe negative Emotionen, weil man sich einfach als eine Person wahrnahm, die sich mit bestimmten Umständen identifizierte und der eigene Verstand darauf beharrt, man sei nichts anderes als genau diese Person. Aber das sei eine Lüge, erklärte das Buch. Ein Trick des Verstandes, denn tatsächlich sein man nicht seine Gefühle und auch nicht seine Gedanken. Ihre Macht bezieht sich einzig nur darauf, weil man daran glaubt, man wäre seine Gedanken und Gefühle. Und der Verstand beharrt darauf, dass dem so wäre, weil er vollkommen damit identifiziert ist.

Um davon wegzukommen, muss gelernt werden, seine Aufmerksamkeit von den negativen Gefühlen und Gedanken wegzubringen, was nur durch eine Beruhigung und Stilllegung des Verstandes geschehen würde. Der Königsweg dafür sei Meditation, Yoga und Mantras, wurde im Buch gesagt. Das würde mit der Zeit eine Desidentifikation des Verstandes mit dem Umständen erlauben. Und wann immer irgendwelche negativen Dinge von seinem Ego hervorkommen würden, bräuchte man sie einfach nur zu bezeugen. Was bedeutete, man sehe wie sie erscheinen würden, aber man gibt ihnen keine Wichtigkeit und man verweigert es, sich damit zu identifizieren. 

Die nächsten Bilder zeigten Anton, wie er daran ging, das gelesene in die Tat umzusetzen. Er meditierte für Stunden. 8 Stunden täglicher Mediation war keine Seltenheit – für Jahre. Er fokussierte all seine Energie darauf und bezeugte endlose Wiederholungen seiner negativen Erinnerungen. Und irgendwann nahm er eine zuerst nur subtile, aber dann ansteigende Entspannung in sich wahr. Die negativen Emotionen und Gedanken versiegten allmählich. Angespornt von diesem Erfolg, strengte Anton sich noch mehr an und das Resultat davon wahr, dass er immer öfters in eine absolute Stille vordringen konnte, wo er von Glücksgefühlen gebadet wurde. Auf der Projektionsfläche sah man einen Anton, der sich erstmals in seinem Leben sicher war, dass sich alles richtig entwickelte. Er hatte erkannt, dass alles in diesem Buch der Wahrheit entsprach und fühlte den inneren Drang in sich aufsteigen, allen Menschen davon Mitteilung zu machen. Sie aufzuwecken, so wie ihn diese Wahrheiten aufgeweckt hatten.   

Die nächsten Stationen zeigten die Gründung seines Meditationszentrums und seinen Aufstieg als ein anerkannter Meister, der von seine Schülern sehr verehrt wurde. Von einer bestimmten Schülerin ganz besonders. Sie lauschte hingebungsvoll seinen Hinweisen und Erkenntnissen und war eine ausgezeichnete Schülerin, die hart an ihrer eigenen Entwicklung arbeitete. Es dauerte nicht lange und Anton war in sie verliebt. Für ihn, der bisher noch nie solche Gefühle hegte, kam dies einem Wunder gleich. Zu seiner grenzenlosen Freude entdeckte er, dass sie für eine Beziehung mit ihm offen war. Es folgten mehrere glückliche Jahre zusammen, alles lief wundervoll. Bis zu dem Tag, wo sie ihm eröffnete, dass sie einen neuen Weg einschlagen würde – ohne ihn, weil sie fühlte, man hätte sich auseinandergelebt. Anton verstand die Welt nicht mehr, von auseinandergelebt konnte keine Rede sein  – sie war seine Welt, ein wichtiger Bestandteil seines Lebens und er liebte sie von ganzem Herzen. Für sie war das leider nicht so, sie fühlte sich gelangweilt und nicht von ihm geliebt.

Anton stürzte vom “7. Himmel” in ein elendes Jammertal.

Er kehrte wieder zurück, zu seiner intensiven Meditationspraxis, die er in jener Zeit mit seiner Schülerin vernachlässigt hatte und bezeugte in seinen Meditationen den Schmerz und die Verlassenheitsgefühle, die sie in ihm hinterließ. Doch obwohl er fast 10 Stunden täglich meditierte und den Schmerz bezeugte, verschwand er nicht. Die Gefühle von Verlust, Verrat und Verlassenheit verließen ihn einfach nicht. In einer seiner Dauermeditationen passierte es dann: Mit einem BÄNG wurde er in die Ebene der Erleuchtung katapultiert, wo er die Realität eines Nicht-Dualen Bewusstseins erkannte – einen Raum der transzendentalen Leerheit, der Formlosigkeit, ein Ort des Nichts. Diese, wie er erkannte, absolute, ultimative Gottheit ist gleichzeitig alles und sie ist dennoch Nicht-Dual – alles ist Eins. Es gibt kein ich, kein Du – keine Anderen, nur die eine göttliche Instanz – das ewige Bewusstsein. Und Anton erkannte sich als Eins mit diesem Bewusstsein – er war DAS!

Er erkannte die bittere schmeckende Ironie, wonach das individuelle Ich, diese menschliche Identität, letztlich nichts als eine Illusion war. Dass dieses menschliche Ich in einer begrenzten, künstlichen Welt der Trennung gefangen war und wo die Identifikation mit dieser dualistischen Trennung von Ich und DU, Innen und Außen, sowie unzähligen illusionären Gegensätzen, zu völlig unnötigem Leiden führte. Plötzlich begriff er, was wirkliches Erwachen bedeutete. Nun war vollkommen klar, dass all die Weisheiten, welche von den verschiedensten Erleuchteten kamen, von diesem einen Ort der Wahrheit stammen  – und nun war es seine eigene Erfahrung geworden. Eine Erfahrung von ungeheuerlicher Tragweite, in ihrer Bedeutung für die menschliche Begrenzung – und obwohl er vorher viel darüber gelesen hatte, war der Impakt auf sein Bewusstsein nun extrem stärker.

Es fühlte sich wie eine regelrechte Befreiung an, all diesen Wahnsinn um künstlichen Identitäten, die an ihr menschliches Ich glaubten und in der Trennung zwischen Du und Ich lebten, von ihm abfallen zu sehen. Nun realisierte Anton auch, warum es möglich war, dass seine menschliche Liebe zu seiner Schülerin, auf diese Weise enden musste. Er war der verführerischen Idee, einer Liebe zwischen zwei Individuen verfallen, wo es in Wirklichkeit ja gar keine Individuen gab. Im Grunde gab es da Niemanden – nur ein und dasselbe unpersönliche Bewusstsein, in allen Wesen – jedoch gefangen, in der Illusion des persönlichen Ichs. Mit einem Ego, das sich völlig anders wahrnahm, als alle anderen um ihn herum. Daher konnte diese Liebe zu nichts anderem als Leid führen. Denn wo immer zwei Egos zusammenkamen, den Begierden des Triebkörpers erlagen und sich von der Idee einer gemeinsamen Erfahrung betören ließen, kann es unmöglich zu einer Verschmelzung kommen. Da beide in ihrer eigenen Wahrnehmungswelt, mit unterschiedlichen Ansichten, Vorlieben und Abneigungen befanden, die letztlich auf nichts anderem als einer Identifikation damit beruhten, musste es zwangsläufig zu Problemen, Auseinandersetzungen und letztendlich Leid kommen.  

Anton verbrachte Stunden in dieser Ausweitung seines Bewusstseins, aber irgendwann fiel er wieder zurück, in das Leben von Meister Anton. Aber dieses Wissen, das er erfahren hatte, verließ ihn nicht mehr und er war lange Jahre fähig, diesen Zustand in sich aufrecht zu erhalten. Diese Erfahrung sollte ebenfalls eine ziemliche Auswirkung auf seine Meditationsschule haben. Vor seinem Erleuchtungserlebnis stand Anton für jedes Problem seiner Schüler zur Verfügung. Es gab keine bestimmte Sitzordnung, es wurde einfach in einem gemeinsamen, größeren Kreis zusammengesessen und meditiert, anschließend gab es immer Raum für persönliche Fragen.  

Nun aber stellte Anton einen immens großen Sessel in den Raum, wie eine Art Thron, von dem aus er seine Schüler – die vor ihm sitzen mussten, unterrichtete. Er fand es nur angemessen, seine innere Erleuchtungserfahrung auch im Außen deutlich zu symbolisieren. Viele der Fragen begannen ihn mit der Zeit immer öfters zu langweilen und zu ermüden. Er stellte eine gewisse Ungeduld und Lustlosigkeit an sich fest. Durch seine Erleuchtung hatte er erkannt, dass man niemand befreien kann, weil es gar niemand gibt, der befreit werden könnte. Erleuchtung oder Befreiung als ein Ziel zu sehen, worin er andere unterrichten könnte, schien unter diesen Umständen eine sehr Sinnbefreite Sache. Da jedes Streben nach einem Ziel nichts anderes zu tun schien, als die dualistische Trennung weiter aufrechtzuerhalten. Und wie er selbst erlebt hatte, geschah Erleuchtung einfach. Sie konnte nicht gemacht werden. Die Dinge geschahen oder eben nicht. Niemand hatte Kontrolle über irgendetwas.

Zunehmend fand er es schwieriger, Empfänger der ultimativen Wahrheit der Einheit zu sein, aber immer noch inmitten des dualistischen Spielfilms zu leben. Entgegen der vielen Aussagen anderer Erleuchteter, empfand er nicht mehr Einheit mit Allem, sondern weniger. Er war nicht mehr Teil dieser Illusion, sondern durchschaute die Tricks des Maya. Das grenzte ihn automatisch von den anderen Menschen ab. Wo alle anderen irgendeinen Sinn sahen, irgendwelche Ziele oder Dinge verfolgten, war diese Art von Bedürfnis in ihm gestorben. Es hob ihn aus dem Spiel heraus und schnitt ihn ironischerweise von anderen ab.

Die Erleuchtung – so schön, so erhebend und majestätisch sie sich anfühlte, schien eine Last zu sein, die man tragen musste. Zumindest, solange man noch diesen Körper bewohnte. Während er nach außen hin den erleuchteten Meister gab, der nie um irgendwelche klugen Antworten verlegen war, sah es in ihm etwas anders aus. Insgeheim konnte er es nicht mehr erwarten, bis er den Tod seiner physischen Körperillusion erlebte und endlich in die totale Einheit zurückkehren konnte. Und so zog er sich immer mehr zurück, delegierte die Verantwortungen und Aufgaben des Meditationszentrums und trat nur mehr gelegentlich in Erscheinung. Meister Anton Ananda, der seine menschliche Existenz gemeistert und ein Gefäß für das göttliche Bewusstsein auf Erden realisiert hatte, wartete nur mehr auf den Tod – und dann kam er endlich.

Der Film verblasste nun, trat in den Hintergrund und erneut erschien der Engel der Erleuchtung. Allerdings mit anderer Kleidung, auch der Umgebungsrahmen hatte sich verändert. Keine grüne Seekulisse mehr, sondern vor ihm stand der Engel der Erleuchtung, der in einem Boxring stand und Box Handschuhe angezogen hatte. Mitten im Ring hing ein Sandsack herunter, auf dem eine Mickey Maus prangte – darunter der Satz: “Come on, Dude.”

boxen

Erneut hatte dieses Wesen es geschafft, Anton zu verwirren. Was für eine seltsame und bizarre Umgebung.  

Der Engel der Erleuchtung grinste über beide Ohren und sagte: “Mit Humor kommste nicht so gut klar, wie? Komm schon, die zweite Runde wartet, mein Freund.”  

 

Fortsetzung: https://stevenblack.blog/2019/06/28/der-engel-der-erleuchtung-2/

Until next time same station ..

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Im Oktober 2019 wird eine neue CoReOn Gruppe entstehen und es sind noch ein paar Plätze dafür frei. Die CoReOn Seelenschule richtet sich an reife Menschen, die dort, wo sie leben und wirken, bewusst und hochwirksam ihre Seelenentfaltung gestalten wollen und an einer größtmöglichen Weiterentwicklung ihrer menschlichen, emotionalen, mentalen und spirituellen Reife interessiert sind.

Wir rufen im CoReOn Menschen zusammen, die verstehen, dass ihnen das Leben nicht einfach so passiert, sondern antwortet – auf ihre Gedanken, Gefühle, Entscheidungen, Handlungen, Werte und Ziele. Wenn dieser Artikel dich vielleicht dazu inspiriert, mehr für deine spirituelle Entwicklung zu tun, dann könnte dies eine Gelegenheit für dich sein. Wir nutzen Aufstellungen, innere Personen Theorie, energetische Arbeit an den Chakren, Fühlarbeit und Körperarbeit.

Die Leiterin der CoReOn Seelenschule ist Renate Hechenberger und ich arbeite dort auch mit. Ich stehe jederzeit für Fragen zur Verfügung und unterstütze den Prozess. Außerdem bin ich für das leibliche Wohl der Gruppen verantwortlich – ich koche das Essen.

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