Mystischer Harz

von Mike Vogler

Hexen und andere dämonische Wesen

imageDer Harz mit seinen dichten Wäldern und geheimnisvollen Sagen gehört mit Sicherheit zu den beeindruckendsten Gegenden Deutschlands. Es sind vor allem die unheimlichen Geschichten von Hexen und anderen dämonischen Wesen, an welcher sich seit uralten Zeiten die Fantasie der Menschen entzündet. Der Hexentanzplatz bei Thale und der Brocken, Schauplatz des vermeintlichen Hexensabbat, stehen bei fast jedem Harz-Besucher auf dem Reiseprogramm.

Fernab von diesen Touristenmagneten, welche durch endlose Besucherströme schon lange ihren Zauber verloren haben, gibt es noch Orte, welche das geheimnisvolle Flair des Harzes bewahren konnten. Wenn man durch den alten Ortskern der Gemeinde Langenstein bei Halberstadt spaziert, glaubt man sich mit etwas Fantasie in die literarische Welt von J.R.R. Tolkien versetzt. Steht man vor den am Schäferberg gelegenen Höhlenwohnungen, könnte man meinen, sich in einem Dorf Hexen und andere dämonische Wesen der legendären Hobbits zu befinden, welche in „Der Herr der Ringe“ dem bösartigen Herrscher Sauron Paroli bieten.

Natürlich beherbergten die Höhlenwohnungen von Langenstein keine Fantasiewesen, sondern waren reale Wohnstätten. Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in Langenstein akute Wohnungsnot. Junge Familien mit Kindern, für welche sich in den elterlichen Wohnhäusern kein Platz mehr fand, suchten verzweifelt nach Wohnraum. Ein eigenes Haus zu bauen, war ein kostspieliges und langwieriges Unterfangen. Dazu kamen Arbeiter aus dem Raum Goslar, welche eine Anstellung auf dem örtlichen Gutshof gefunden
hatten und eine Bleibe für ihre Familien benötigten.

Insgesamt waren es zwölf Familien, die verzweifelt nach Wohnraum suchten. Der Dorfschulze Hinze erbot sich, an den königlichen Landrat Baron von Gustedt in der Angelegenheit zu schreiben. Er erhielt jedoch nur die lapidare Antwort: „Die Gemeinde muss sich selber helfen!“. Bei einer Sitzung des Gemeinderates entsann man sich der Wohnhöhlen, welche auf dem Weg zur Burgruine Langenstein lagen und aus uralten Zeiten stammten. Jene Höhlen hatten über die Jahrhunderte hinweg unterschiedlichen Zwecken gedient, wie etwa vorübergehendes Quartier für Soldaten, Vorratslager oder sogar als Tierställe.

Höhlenwohnungen

imageBei einer Besichtigung der zur damaligen Zeit leerstehenden Höhlen wurde schnell klar, dass diese als dauerhafte Wohnstätten für Familien mit Kindern nicht geeignet waren. Dorfschulze Hinze kam jedoch auf die geniale Idee, an anderer Stelle im Dorf Wohnhöhlen anzulegen, welche auf die Bedürfnisse der jungen Familien zugeschnitten werden konnten. Mit dem Schäferberg war schnell ein geeigneter Ort gefunden. Die dortige Felswand bestand aus relativ weichem Sandstein, so dass die Arbeiten nicht allzu beschwerlich sein sollten.

Der Vorschlag kam für die betreffenden Familien etwas überraschend, aber die einmalige Zahlung von acht Groschen für den zukünftigen Wohnraum war mehr als verlockend. Alle Familien stimmten zu und machten sich sofort ans Werk. Je nach Zeit und Fleiß der Bauleute waren die Höhlenwohnungen nach zwei bis fünf Monaten bezugsfertig. Der Grundriss war bei allen Höhlenwohnungen in etwa gleich. Der stehen gebliebene Fels bildete die Trennwände zwischen den einzelnen Räumen. Licht und Luft kamen durch die Tür und das Fenster in der äußeren Felswand.

Ein extra Spalt über der Tür und der nach oben führende Rauchabzug über dem gemauerten Herd ließen die Luft leicht zirkulieren und verhinderten so eine zu erwartende Schimmelbildung. Was als genialer Einfall gedacht war, wurde allerdings in Mehrzahl nicht länger als fünfzig Jahre genutzt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Mehrzahl der Höhlenwohnungen nur noch als Abstellkammer und Lagerräume genutzt. Ein gewisser Karl Rindert wohnte allerdings bis 1916 in seiner außergewöhnlichen Behausung. Heute sind die Höhlenwohnungen ein touristischer Geheimtipp. Ein örtlicher Verein betreut die Wohnungen und veranstaltet auch Führungen.

In einem Waldstück nahe der Kleinstadt Bad Sachsa befindet sich die Burgruine Sachsenstein. Diese im Jahre 1073 erstmals urkundlich erwähnte Festungsanlage gehörte zu einer achtteiligen Burgenkette, welche Kaiser Heinrich IV. zum Schutz seiner Macht rund um den Harz errichten ließ. Um die Burgruine Sachsenstein rankt sich eine bemerkenswerte Legende. Nachdem die Burganlage von den Menschen verlassen wurde, soll sie einem hiesigen Zwergengeschlecht als Wohnort gedient haben. Jene Zwerge sollen in Eintracht mit den Bauern aus den umliegenden Dörfern gelebt haben.

Sagenhafte Zwerge

imageEs wurde reger Handel getrieben und bei schwierigen Aufgaben halfen die Zwerge den Menschen. Der Zwergenkönig residierte mit seinen Bediensteten in der Burg, die anderen Zwerge lebten in Höhlen, welche auf dem ganzen Sachsenstein verteilt waren. Noch heute kann man in der näheren Umgebung der Burgruine die sogenannten „Zwergenlöcher“ besichtigen, in welchen die kleinen Fabelwesen angeblich wohnten. Zwerge sind in der deutschen Märchen- und Sagenwelt weit verbreitet, denken wir nur an das beliebte Volksmärchen „Schneewittchen und die sieben Zwerge“.

Im Sinne des Wortes ist im Volksaberglauben der Zwerg ein kleinwüchsiges, menschenähnliches Fabelwesen, welches bevorzugt unterirdisch in Höhlen oder in Gebirgen lebt. Zwerge galten schon immer als fleißig und arbeitsam, ihnen wird aber auch übermenschliche Kraft und Macht nachgesagt. Sie gelten als listig und schlau, mitunter werden die Zwerge aber auch als bösartig und nur auf ihren Vorteil bedacht dargestellt. Wie die Menschen leben Zwerge meistens in der Gesellschaft ihresgleichen und bestimmen einen König aus ihrer Mitte. Bekanntester Zwergenkönig ist mit Sicherheit Laurin, welcher in den Heldengeschichten um Dietrich von Bern Erwähnung findet.

Laurin besaß einen Wundergürtel, der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh, sowie eine Tarnkappe, mit welcher er sich vor seinen Feinden verbergen konnte. Solche wundertätigen Gegenstände finden sich in allen Legenden über die sagenhaften kleinen Wesen. Oft traten Zwerge als kunstreiche Schmiede auf, die auch wundertätige Schwerter für die Protagonisten verschiedenster Heldensagen herstellten. In den frühmittelalterlichen Zeiten der geringen Arbeitsteilung bauten Schmiede die benötigten Erze oft selbst ab und verhütteten sie. Daher galten die schmiedekundigen Zwerge auch als tüchtige Bergleute und Metallurgen.

In diesem Zusammenhang sehen Mythenforscher auch viele Aspekte der Zwergenlegenden. Aus dem Mittelalter erhaltene Bergwerksstollen lassen auf Grund ihrer niedrigen Höhe darauf schließen, dass zur damaligen Zeit nur Männer mit einer Körpergröße von 1,50 Metern als Bergleute arbeiteten. Zudem trugen diese Bergleute hohe Zipfelmützen, welche die Funktion der heutigen Helme erfüllten. Schon immer wurden Zwerge als kleine Männer mit Zipfelmützen dargestellt. Es ist also durchaus möglich, dass die Optik der früheren Bergleute mit dem Mythos der zwergenhaften Fabelwesen verbunden wurde.

Burgruine Sachsenstein

imageDas Wort Zwerg kommt von der althochdeutschen Bezeichnung „twerg“, welche laut Sprachwissenschaftlern auf die frühgermanische Form „đwerʒaz“ zurückgeht. Erste schriftliche Hinweise auf Zwerge finden sich in der isländischen Edda aus dem 13. Jahrhundert. Traditionell lebten die Zwerge auch damals in Höhlen und Felsen, es wurde jedoch auch vom Zwergenkönig Sindri berichtet, welcher mit seinen Leuten in einem prächtigen Palast lebte. Ähnlich prunkvoll wird also auch der Zwergenkönig von Bad Sachsa residiert haben, welcher in der verlassenen Burg Sachsenstein residierte.

Natürlich sind das alles nur schöne Geschichten, welche sich über die Jahrhunderte hinweg aus dem Aberglauben des Volkes entwickelten. Die Burg Sachsenstein wurde laut archäologischer Funde niemals gänzlich fertig gestellt und bereits im Jahre 1074 als Festungsanlage unbrauchbar gemacht. Grund waren die Bedingungen des „Friedens von Gerstungen“, welcher nach den sogenannten „Sachsenkriegen“ ausgehandelt wurden. Die um die Burgruine Sachsenstein verstreut liegenden „Zwergenlöcher“ sind eine kuriose und seltene Naturerscheinung geologischen Ursprungs.

Das Felsmassiv des Sachsensteins ist stark mit Anhydrit durchzogen, einem Mineral aus der Klasse der Sulfate. Wenn Wasser in die obere Anhyditschicht dringt, verwandelt sich das Mineral im Laufe der Zeit in Gips. Da der entstandene Gips ein größeres Volumen als das darunter liegende Anhydrit hat, dehnt er sich nach oben aus und es entsteht eine Blase im Gestein. Bricht dann ein Teil der aufgewölbten Gipsschicht ein, erscheint die aufgebrochene Blase dem Betrachter wie eine kleine Höhle. Den Menschen des Mittelalters waren solche chemischen Zusammenhänge natürlich fremd und so wurden aus den Gipsblasen im Volksglauben die Wohnstätten der legendären Zwerge.

Krodo

imageAuf dem Großen Burgberg in Bad Harzburg befand sich ebenfalls eine von Kaiser Heinrich IV. errichtete Burg, welche zu der bereits angesprochenen achtteiligen Burgenkette gehörte. Die Überreste der Harzburg sind auch heute noch zu besichtigen und locken eine Vielzahl von Besuchern an. Etwas versteckt unter einer Brücke, die über den Abschnittsgraben führt, welcher die Burg in einen östlichen und einen westlichen Teil trennte, befindet sich die metallene Statue eines Mannes. Eine Erklärungstafel weist diesen Mann als sächsischen Gott Krodo aus.

Wenn man sich etwas näher mit diesem Gott Krodo beschäftigt, erfährt man Erstaunliches. So soll sich an der bezeichneten Stelle einst ein Tempel mit Statue zu Ehren von Krodo befunden haben. Seine erste schriftliche Erwähnung fand jener Krodo in der Sachsenchronik von Conrad Bote aus dem Jahr 1492. Die darin enthaltene Abbildung zeigt Krodo als schlanken, älteren Mann in einem kittelartigen Gewand. Nach alter germanischer Tradition trägt er das Haar lang. Auf einem Fisch stehend hält Krodo in der linken Hand ein Rad, in der Rechten einen Korb mit Rosen.

Die dargestellte Symbolik verweist auf Krodos vermutliche Bedeutung als Fruchtbarkeitsgott. Der Fisch versinnbildlicht das Element Wasser sowie Nahrung, unverzichtbare Bestandteile allen Lebens auf Erden. Das Rad erinnert an das Verrinnen der Zeit, dem Werden und Vergehen allen Lebens. Die Rosen stehen für die Fruchtbarkeit sowohl der Menschen als auch der Natur. Man kann also ohne weiteres behaupten, dass Krodo das Leben und die Fruchtbarkeit symbolisiert. In akademischen Kreisen gilt Krodo als bloße Erfindung von Conrad Bote, da es bis dato keine andere schriftliche Erwähnung des Gottes gab.

Der Krodo Mysthos

Krodo wird von der Geschichtswissenschaft in die Reihe der sogenannten Pseudogottheiten abgetan, wobei es sich hier um Göttergestalten handelt, welche zwar in literarischen und populärwissenschaftlichen Werken auftauchen, historisch aber nicht anerkannt werden. Im Falle von Krodo muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass es sich um einen lokalen Gott handelte, welcher nur von einigen Teilstämmen der Germanen verehrt wurde. Die römischen Chronisten, auf deren Aufzeichnungen die uns heute bekannte mythologische Welt unserer Vorfahren aufbaut, hielten Krodo im Vergleich zu den Hauptgottheiten wie Wotan oder Donar wohl zu unbedeutend, um ihn zu erwähnen.

Im Jahre 1825 kam es zu einem literarischen Schlagabtausch zwischen dem Braunschweiger Forstschreiber Leonhard und dem Regierungsrat Delius aus Wernigerode um den Wahrheitsgehalt der Krodolegende. Der Streit gipfelte in der Veröffentlichung von Leonhards Buch „Die Harzburg und ihre Geschichte“, welches wenig später mit der „Untersuchung über die Geschichte der Harzburg und den vermeinten Götzen Krodo“ von Delius beantwortet wurde. Leonhard war entschiedener Verfechter des Krodo-Mythos, wogegen Delius zu jener Art von Forschern zählte, welche nur streng wissenschaftlich belegte Fakten akzeptieren. Nach Leonhards Angaben stand einst auf dem Großen Burgberg im heutigen Bad Harzburg ein Abbild des Gottes Krodo. Zu Füßen der Statue soll sich der Krodoaltar befunden haben, welcher noch heute im Stadtmuseum von Goslar zu besichtigen ist.

Auf jenem Altar soll es zu Brandopferungen von Tieren und sogar Menschen gekommen sein. Grund für diese Annahme waren massenweise Pferde- und Rinderzähne sowie jede Menge Asche, welche bei einer von Leonhard veranlassten Ausgrabung im Jahr 1820 zu Tage traten. Obwohl keinerlei menschliche Überreste entdeckt wurden, beharrte Leonhard darauf, dass auch Kriegsgefangene und sogar erstgeborene Säuglinge dem Gott Krodo geopfert wurden. Zu jener kühnen Behauptung ließ sich Leonhard wohl durch die
Betrachtung des Gemäldes „Opferfest des Krodo auf der Harzburg“ vom Maler Friedrich Georg Weitsch aus dem Jahre 1797 hinreißen.

Auf dem Gemälde ist der qualmende Altar zu Füßen der Krodo-Statue zu sehen. Einem germanischen Priester wird ein Säugling zur Opferung gereicht. Zudem sind zwei gefesselte Männer in römischer Kleidung abgebildet, welche ebenfalls geopfert werden sollen. Regierungsrat Delius als entschiedener Gegner des Krodo-Mythos hatte es sich dagegen zur Aufgabe gemacht, den Glauben an Krodo als bloße Erfindung von mittelalterlichen Schreibern zu entlarven. Allerdings war seine literarische Antwort auf Leonhards Ausführungen in einer Art und Weise abgefasst, welche jede objektive wie seriöse wissenschaftliche Distanz vermissen ließ. Voreingenommen stellte Delius von vorn herein alle bisherigen Ergebnisse der Krodo-Forschung ad absurdum.

Karl der Große

imageDie Anhänger der Krodo-Theorie sind sich heute weitestgehend einig, dass der Tempel auf dem Großen Burgberg im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. von einer Legion römischer Soldaten zu Ehren ihres Gottes Saturnus errichtet wurde. Die römische Legion war zeitweilig im Bereich des heutigen Bad Harzburg stationiert. Nach dem Ende der römischen Interventionen in Germanien verfiel der Tempel in den folgenden Jahrhunderten und nur noch die Statue des Saturnus blieb erhalten. Die ab dem 6. Jahrhundert im Bereich des Westharzes siedelnden Sachsen entdeckten die einsame Statue und hielten jene wohl für eine lokale Gottheit, für welche sich umgangssprachlich inzwischen der Name Krodo etabliert hatte.

Die Bezeichnung Krodo wird vermutlich durch Wortabschleifung von Kronos entstanden sein, der griechischen Variante des Saturnus. Die Männer germanischer Hilfstruppen in römischen Diensten werden wohl von Kronos gehört haben, wodurch sich mit den Jahren der Name Krodo für die einsame Statue auf dem Großen Burgberg einbürgerte. Die eingewanderten Sachsen nahmen Krodo mit in ihre Götterwelt auf und verehrten ihn auf Grund der bereits angesprochenen Symbolik als Fruchtbarkeitsgott. Bei meinen Recherchen stieß ich auf eine bemerkenswerte Legende. Protagonist jener Geschichte ist niemand geringeres als Karl der Große, der wohl einflussreichste Herrscher des Mittelalters.

Im Rahmen seiner vielen Sachsenfeldzüge war Karl auch in die Gegend des heutigen Bad Harzburg gekommen. Laut der Legende soll er die einheimische Bevölkerung nach ihrem Gott befragt haben. Als Antwort erhielt er stets: „Krodo, Krodo ist unser Gott.“ Daraufhin soll der fränkische Herrscher geantwortet haben: „Dann soll er fortan der Krodenduvel heißen.“ Das war zur damaligen Zeit nichts Außergewöhnliches. Im Zuge der Christianisierung war es üblich, die alten Götter zu dämonisieren. Hier haben wir es allerdings gleich mit einer doppelten Verunglimpfung zu tun. Der altsächsische Gott wurde zu einem Duvel, sprich Teufel abgestempelt und zudem noch als Kröte tituliert, jenem Tier, welches von jeher mit dem Hexenaberglauben in Verbindung stand.

Laut örtlicher Überlieferungen soll es auch Karl der Große gewesen sein, der die Statue des Gottes Krodo im Jahre 780 zerstören ließ. Aus den Überresten des Tempels wurde eine kleine Kapelle errichtet und der Platz dem christlichen Gott geweiht. Obwohl die fränkischen Soldaten ganze Arbeit leisteten, scheint ein Teil der Statue die Zerstörung überstanden zu haben. Darauf deutet eine mysteriöse Kopfplastik, welche in die Nordseite der Bündheimer Kirche in Bad Harzburg eingemauert ist. Das Bündheimer Pfarramt schweigt sich standhaft zu dem merkwürdigen Steinkopf aus. Ortsansässige Heimatforscher sind sich aber sicher, dass es sich um den Kopf der Krodo-Statue handelt. Heute gilt der einstmals bei den Sachsen hochverehrte Gott Krodo als das Maskottchen der Stadt Bad Harzburg. Am Rande der Stadt Braunlage befindet sich der Wurmberg, der mit 971 Metern zweithöchste Berg des Harzes. Allerdings ist schon der Name Wurmberg eine Verunglimpfung der Traditionen unserer Vorväter.

Der Drachenberg

Siegfried Hermerding fand heraus, dass der Berg in früherer Zeit den wohlklingenden Namen Drachenberg trug. Drachen spielen in der nordisch-germanischen Mythologie eine nicht zu verachtende Rolle. Ab dem 13. Jahrhundert wurde erstmals statt des erhaben klingenden Namens Drachenberg, der Begriff Wormberch verwendet. Warum dies geschah, lässt sich leicht erklären. In jener Zeit hatte sich die christliche Religion so fest in Europa etabliert, dass der Klerus mit Nachdruck daran ging, auch die letzten Reste der alten heidnischen Religionen aus der Erinnerung der Menschen zu löschen.

Nichts sollte mehr an die einstmals mächtigen Götter und die Stätten ihrer Verehrung erinnern. Auch nicht der Drachenberg, einstmals mit Sicherheit eine bedeutende Kultstätte unserer Ahnen. Auch wenn die Kirche die Bedeutung des ehemaligen Drachenberges zu verschleiern versuchte, blieb das Andenken an die einst mächtige Tempelanlage auf dem heutigen Wurmberg im Volke verwurzelt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen immer wieder Bücher über die Geschichte des Harzes, welche auch von einer bedeutenden Kultanlage auf dem Wurmberg berichteten.

Bekanntestes Beispiel sind hier die „Harzsagen“, gesammelt und herausgegeben von Heinrich Pröhle, einem Schüler Jacob Grimms. Von 1949 bis 1956 führte der Archäologe Dr. Walter Nowothnig mehrere Grabungen auf dem Gipfel des Wurmberges durch, die sensationelle Ergebnisse lieferten. Dr. Nowothnig entdeckte tatsächlich die Überreste einer gewaltigen Tempelanlage, die zweifellos für kultische Zwecke verwendet wurde. Die archäologische Fachwelt der damaligen Zeit war begeistert und überbot sich mit der Datierung der Anlage.

Die Hexentreppe

Erst wurde von einer Grabanlage aus der Bronzezeit gesprochen, dann wurden daraus die Reste einer Kirche aus dem 8. Jahrhundert, bis man sich schließlich auf eine vorchristliche Tempelanlage einigte, welche auf den Beginn der Zeitrechnung datiert wurde. Letzteres würde sich mit den überlieferten Geschichten des Volkes decken und wird auch heute noch von den meisten Heimatforschern angenommen. Dr. Nowothnig entdeckte ebenfalls die Reste eines befestigten Weges im Bereich der Tempelanlage. Verlängert man diesen Weg, kommt man zu einer Treppenanlage, die aus dem Tal auf den Wurmberg führt. Im Volksmund wurde die Treppenanlage früher „Heidentreppe“ genannt, was später in „Hexentreppe“ geändert wurde. Ein weiteres Beispiel, wie die Überlieferungen unserer Vorfahren später verunglimpft wurden.

Die „Heidentreppe“ ist ein beeindruckendes Relikt der frühzeitlichen Besiedlung im Bereich des Harzes. Vermutlich wurden natürliche Gegebenheiten benutzt, um die Treppenanlage zu errichten. Wozu sollten aber die früheren Bewohner jener Gegend so eine Treppe auf den Wurmberg errichtet haben? Sie werden wohl sicherlich nicht des Öfteren wegen der schönen Aussicht auf den Berg gestiegen sein. Die Steinanlage mit der dazugehörigen „Heidentreppe“ lässt eine religiöse Nutzung des Wurmberges durchaus möglich erscheinen. Neben den erwähnten Örtlichkeiten gibt es noch eine weitere Vielzahl von geheimnisvollen, magischen Plätzen im Harz. Ich lasse es mir nicht nehmen, mindestens einmal im Jahr das wunderschöne Mittelgebirge im Herzen Deutschlands zu besuchen. Dabei entdecke ich immer neue Orte und höre von spannenden Legenden, welche den Reiz des Harzes ausmachen.

imageWeiterführende Links:

www.walpurgishalle-thale.de
www.harzlife.de

Mike Vogler
wurde 1970 in Dresden geboren und lebt heute mit seiner Frau im Stadtteil Dresden-Klotzsche. Schon seit früher Jugend beschäftigt sich Mike Vogler mit geschichtlichen und grenzwissenschaftlichen Themen. Neben dem Heiligen Gral sind die Geschichte und Mythologie unserer germanischen Vorfahren seine bevorzugten Forschungsgebiete. Des Weiteren forscht Mike Vogler auch nach den historischen Hintergründen verschiedenster geheimnisvoller Legenden. Dazu erschien im Dezember 2014 das Buch „Düstere Legenden“. Neben seiner Arbeit als Verlagsautor veröffentlicht Mike Vogler in Eigenregie auch E-Books, ist an verschiedenen Anthologien zu den Geheimnissen der Menschheitsgeschichte beteiligt und schreibt Artikel für Fachmagazine.

Besuchen Sie den Autor auf seiner Webseite: http://mike-vogler.bplaced.de/

Quelle dieses Beitrages:

http://www.mystikum.at/wp-content/themes/Mystikum-Magazin/ausgaben/Mystikum_Oktober_2015.pdf

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@Steven Black

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7 Kommentare

  • lothar harold schulte

    Hat dies auf lotharhschulte rebloggt.

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  • Senatssekretär FREISTAAT DANZIG

    Hat dies auf Aussiedlerbetreuung und Behinderten – Fragen rebloggt und kommentierte:
    Grüße an Dich, Landsmann und siehe Ilsenburg und Drübeck, rein nach Braunschweig und auch Langenstein bei Halberstadt, dann auch bis runter nach Salzwedel sind es unendliche viele Höhlen, von jeder gibt es Berichte und Sagen! Danke für den Beitrag und bleibe uns erhalten!

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  • Pingback: Mystischer Harz | Die Goldene Landschaft

  • Man vergleiche einmal die offensichtlichen Parallelen dazu……gegenüber den UR-Einwohnern von beispielsweise Gran Canaria (den Guanchen)…..große, hellhäutig und blauäugig ausgestattete menschliche Individuen…..welche einzig nur in Höhlen wohnhaft als dort UR-Ansässige gelebt haben……

    ….und ebenso fix……wie auch die Neandertaler (eigentlich irdische Reptiloide)…..dann von von heute auf morgen verschwunden sind……(bzw. sich Schutz und Zuflucht in der inneren 4-D Erde gesucht haben) !!!……und bei weitem schon spirituell fortschrittlicher entwickelt waren, als der Großteil der heutigen Menschheit hier !!!………lg…..johannes

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    • P.S.

      Warum sollte auch Jemand an die Existenz von Dämonen glauben…..so er „sie“ noch nie zuvor mit ihrem wahren Antlitz auch zu Gesichte bekommen hat……..Ich würde es dementsprechend auch ebenfalls nicht….. 🙂 lg

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    • Hi Johannes,

      …und bei weitem schon spirituell fortschrittlicher entwickelt waren, als der Großteil der heutigen Menschheit hier !!!

      Und woher weisst du, dass das auch stimmt?

      lg,

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      • Hey Freund Stevie….

        …es ist hierbei wie bei allen Info`s diesbezüglich…..nicht sofort fest dran kleben zu bleiben…..aber es auch, als eine mögliche Variation, mit in zu Betracht ziehen ?!……bis die passende Zeit……uns dies entweder bestätigt…..oder auch komplett widerlegt !

        Ich persönlich…..lege mich da in „gar nichts“ mehr fest…..denn zu oft schon…..bin ich hierbei eines Besseren belehrt worden !!! 🙂

        …liebe Grüße gen Ösi-Land…….Joe….. 🙂

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